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Das Labyrinth erwacht - Rainer Wekwerth

Samstag, 6. April 2013 ♥ 6 Tintentropfen

Titel: Das Labyrinth erwacht
Verlag: Arena
Seitenzahl: 406
Genre: Thriller, Jugendbuch, Dystopie
Altersempfehlung: 14 Jahre
Preis: 16,99 Euro
Meine Wertung: 5
Klappentext: Das Labyrinth. Es denkt. Es ist bösartig. Sieben Jugendliche werden durch Raum und Zeit versetzt. Sie wissen nicht mehr, wer sie einmal waren. Aber das Labyrinth kennt sie. Jagt sie. Es gibt nur eine einzige Botschaft an jeden von ihnen: Du hast zweiundsiebzig Stunden Zeit, das nächste Tor zu erreichen, oder du stirbst. Problem Nummer eins, es gibt nur sechs Tore! Problem Nummer zwei, ihr seid nicht allein!
Gelesen: Zum ersten Mal
Über den Autor: Rainer Wekwerth ist Autor erfolgreicher Bücher, die er teilweise unter einem Pseudonym veröffentlicht hat. Heute lebt er im Stuttgarter Raum.
Linktipps: www.wekwerth-labyrinth.de


Sieben Jugendliche finden sich auf einer weiten Grasebene wieder, mit nichts als je einem Rucksack. Jeb, Jenna, Mischa, Kathy, Tian, León und Mary. Sie können sich nicht mehr an ihr früheres Leben erinnern und haben nur eine Möglichkeit dorthin zurückzukehren: Sie haben drei Tage Zeit um die Tore zu finden, durch die sie in die nächste Welt gelangen. Allerdings gibt es immer ein Tor zu wenig, als Suchende da sind. Das heißt, in jeder Welt muss einer von ihnen zurückbleiben, bis am Ende nur einer das letzte Tor erreicht. Die Wege dorthin sind aber auch nicht immer entspannt, den irgendetwas verfolgt die Jugendlichen, hetzt sie. Einigen von ihnen geht es um das Wohl der Gruppe, sie sind bereit, den anderen zu helfen, wenn sie in Schwierigkeiten stecken. Anderen geht es nur ums eigene Überleben und sie würden jeden ausliefern, um selbst die Tore zu erreichen. In den Rucksäcken finden die Jugendlichen neben Kleidung, Essen und Trinken für jeden auch noch einige nützliche Dinge wie Seile, Verbandszeug und Messer. Sie beschließen, sich gemeinsam auf den Weg zu machen, sind sich aber nicht sicher, ob einige nicht doch früher oder später alleine weiterziehen wollen.

Das Buch hat ein Lesebändchen. Ich liebe Lesebändchen. Ihr könnt es euch sogar anschauen, weil ich es ausversehen mit eingescannt habe. Nun, das Cover finde ich nicht ganz so gelungen. Als ich es im Laden hab stehen sehen, hab ich es eigentlich nur wegen dem Titel in die Hand genommen. Diese verschiedenen Kreise könnten ja mit etwas Fantasie tatsächlich ein Labyrinth darstellen. Allerdings geht es ja nicht wirklich um ein Labyrinth mit irgendwelchen verzweigten Gängen oder Sackgassen. Es ist eher eine große Landschaft, die sich von Welt zu Welt verändert. In manchen Löchern sind ja dann Schatten der Jugendlichen zu finden, allerdings habe ich nur sechs gezählt und nicht sieben. Im Großen und Ganzen hat's mir das Cover nicht so angetan, aber das ist natürlich Geschmackssache. Der Titel auf dem Buch sieht auf jeden Fall sehr hübsch aus, ebenso wie die Gestaltung der verschiedenen Kapitel.

Was mir am meisten gefallen hat, waren die Charaktere. Jeder unterscheidet sich von den anderen, nicht nur vom Aussehen her. Da gibt es Kathy, der sich nur für ihr eigenes Überleben interessiert, Jeb, der sich für die anderen einsetzt und die schüchterne und schwache Mary. Jeder der Personen hat seine eigene Geschichte, die ihn zu etwas Besonderem macht. Und diese bunt gemischt Truppe macht sich also auf den Weg, dir Tore zu finden. Außerdem denke ich, dass man die Charaktere erst kennenlernen muss, um sie richtig einschätzen zu können. Anfangs dachte ich bei dem einen oder anderen, dass ich mich mit dem wahrscheinlich nicht anfreunden kann und am Ende hat er mich dann doch positiv überrascht.
Die Geschichte ist aus verschiedenen Sichten der Jugendlichen geschrieben, sodass man auch eine Situation mal aus der Sicht einer Charakters miterlebt, den man eigentlich nicht so sympathisch fand.
Der Schreibstil des Autors ist fesselnd, ich konnte das Buch echt kaum aus der Hand legen. Nachts um halb zwei hab ich es dann beendet, hätte aber den zweiten Teil gleich hinterhergelesen, wenn ich ihn da gehabt hätte. Die Umgebung beschreibt er so treffend, dass ich die jeweilige Welt perfekt vor mir gesehen habe. Obwohl ich nicht wirklich immer etwas spannendes passiert, schafft es der Autor trotzdem, den Leser zu begeistern. Ungefähr ab der Mitte des Buches wurde mir klar, dass es gar nicht sein kann, dass alle sechs Welten in dieses eine Buch gequetscht werden. Also wieder eine Trilogie. Im ersten Buch geht es also nur um die erste und die zweite Welt.
Die Beschreibung des Geschehens finde ich sehr realistisch, auch wie die Protagonisten handeln. Manche ruhig und gefasst, andere panisch und wieder andere hinterhältig. Ich saß die ganze Zeit über angespannt da, weil es echt nicht genau vorherzusehen war, wer in den jeweiligen Welten stirbt. Und als es dann herauskam, war es umso überraschender und ich war total geschockt. Wah, ich kann es kaum erwarten, den zweiten Teil zu lesen, Zum Glück erscheint er schon diesem Sommer unter dem Namen Das Labyrinth jagt dich. Ich werde es auf jeden Fall kaufen, ebenso wie den letzten Teil. Mal sehen, ob der Autor wirklich fast alle sterben lässt oder ob die Jugendlichen doch noch eine Möglichkeit finden, wie mehrere überleben können.

Extrem spannend, fesselnd und voller wunderbarer Charaktere, die sich voneinander unterscheiden. Ich konnte das Buch nicht weglegen und warte gespannt auf die Fortsetzung. Wer Thriller bzw. Dystopien mag, sollte sich dieses Buch unbedingt einmal ansehen. Ich vergebe die volle Punktzahl für eine durchdachte und realistisch wirkende Geschichte!

Spiel des Lebens - Veit Etzold

Freitag, 29. März 2013 ♥ 2 Tintentropfen

Titel: Spiel des Lebens
Verlag: Egmont-INK
Seitenzahl: 349
Genre: Thriller, Jugendbuch
Altersempfehlung: 14 Jahre
Preis: 14,99 Euro
Meine Wertung: 2
Klappentext: »Willkommen im Spiel des Lebens, Emily. Du hast die Wahl. Sieg oder Tod.« Emily schaut völlig fassungslos auf den zerknüllten Zettel in ihrer Hand, und damit geht des ganze Horror los. Ein Psychopath jagt sie durch ganz London und stellt sie vor unbegreifliche Rätsel. Falls sie diese nicht in der vorgegebenen Zeit löst, stirbt jemand. Der Killer treibt Emily an den Rand des Wahnsinns. Wer ist dieser Irre? Und warum hat er ausgerechnet sie für sein mörderisches Spiel ausgewählt?
Gelesen: Zum ersten Mal
Über den Autor: Veit Etzold wurde 1973 in Bremen geboren und studierte unter anderem Englische Literatur. »Spiel des Lebens« ist sein erster Thriller für Jugendliche.
Linktipps: Egmont-INK-Verlagsseite


Eigentlich wollte Emily am King's College einen neues Lebensabschnitt beginnen und von ihren alten Gewohnheiten, sowie ihrer überfürsorglichen Mutter loskommen. Doch dann beginnt der Horror. Ständig erreichen sie Rätsel, die sie in einer vorgegebenen Zeit lösen muss, weil sonst jemand stirbt. Emily versucht, herauszufinden, wer sie so terrorisiert und hinter die Logik des Spiels zu kommen.
~ Eigentlich sagt der Klappentext schon alles.

Da laufe ich nichts ahnend durch den Buchladen und sehe da plötzlich ein geniales Cover auf einem dieser Tische. Natürlich renne ich sofort hin, schaue mir das Buch in aller Ruhe an und lese den Klappentext. Da es mich sofort angesprochen hat, hab ich mich mit dem Buch hingesetzt und aufgeschlagen. Und BAM! Die Innenseite des Buches sind noch genialer aus, als das Cover an sich. Ich war einfach total begeistert. Das Lila sieht - meiner Meinung nach - sehr hübsch aus und die Schriftart, in der der Titel und der Name des Autors geschrieben sind, passt auch perfekt dazu. Außerdem sind die einzelnen Buchseiten so bedruckt, dass man, wenn man das Buch von der Seite aus anschaut, London erkennen kann. Schaut's euch am besten einfach mal hier an. Im Großen und Ganzen finde ich, dass die Gestaltung der Kapitel, das Cover und natürlich die Farben perfekt zur Geschichte passen.

Tja, so schön das Cover auch sein mag, mir hat die Umsetzung der Geschichte teilweise überhaupt nicht gefallen. Da ich die Gestaltung so wundervoll fand, hab ich Spiel des Lebens gleich gekauft, ohne - wie ich es sonst mache - erstmal reinzulesen. Anfangs dachte ich ja, der Schreibstil bessert sich noch ein bisschen oder ich gewöhne mich daran, aber das war leider nicht der Fall. Schon im ersten Kapitel, sowie im Prolog sind mir viele Wortwiederholungen aufgefallen. Überzeugt euch selbst und lest mal in die Leseprobe rein. Ich bin jemand, der bewusst auf eben solche Wortwiederholungen achtet, deshalb sind sie mir auch so ins Auge gesprungen.
Die Geschichte ist aus den Sichten von Emily und des Verrückten, dessen Identität dem Leser, sowie auch Emily noch unbekannt ist, geschrieben. Diesen Wechsel finde ich ganz interessant, vor allem, da man so auch etwas von diesem Hass, den der Irre auf Emily hat, mitbekommt.
Die Protagonistin war mir zuerst ziemlich unsympathisch, weil sie wirklich ein bisschen wie ein verwöhntes Einzelkind, das sich nicht alleine helfen kann, rüberkommt. Trotzdem - im Laufe der Geschichte hat sie sich ganz gut entwickelt. Ihre Angst, als sie die erste Drohung erreicht, ist natürlich vollkommen verständlich und ich hätte nicht anders reagiert. Gegen Ende mochte ich sie dann doch ganz gerne.
Was diesen Irren und seine unbekannte Identität angeht - ungefähr ab der Hälfte des Buches wusste ich, um wen es sich dabei handelt. Es hieß immer wieder, es müsse jemand sein, den Emily kennt und soo viele Personen kamen da eigentlich gar nicht in Frage. Die Auflösung hat mich daher nicht sonderlich überrascht.
Die letzten paar Seiten haben mir am meisten zugesagt, einfach, weil das für mich der einzige Teil war, der mich gefesselt hat. Die Idee der Geschichte fand ich sehr gut, weshalb mich auch der Klappentext so ansprach. An einigen Stellen hätte man noch etwas ändern können und - wie schon gesagt - war das Ende sehr vorhersehbar. Der Epilog macht neugierig auf eine Fortsetzung, aber ich denke, dass ich den zweiten Teil, falls einer erscheinen sollte, nicht mehr lesen werde, weil ich mich mit dem Schreibstil von Veit Etzold nicht so anfreunden konnte.

Spiel des Lebens konnte mich nicht wirklich begeistern, was größtenteils an den häufig vorkommenden Wortwiederholungen lag. Die Entscheidung, ob ich nun zwei oder drei Schmetterlinge vergeben soll, ist mir echt schwer gefallen, da ich das Cover so klasse finde. Der Schreibstil konnte mich teilweise überhaupt nicht fesseln und ich war - so hart das jetzt klingen mag - froh, als ich es beendet habe. Die zwei Schmetterlinge gibt es für die sagenhafte Gestaltung des Buches und die spannende Idee.

Lebenslichter

Samstag, 2. März 2013 ♥ 4 Tintentropfen


Hallo, ihr Lieben. Heute habe ich wieder eine Geschichte für euch, die ich für einen Schreibwettbewerb geschrieben habe. Ich würde mich über Feedback und Verbesserungsvorschläge riesig freuen. Viel Spaß beim Lesen!                               Erstes Bild / Zweites Bild

Die Legenden und Geschichten, die man sich erzählte, waren also tatsächlich war. Ich glaubte nicht an Gerüchte, bevor sie mir nicht bewiesen wurden. Deshalb überraschte es mich umso mehr, als ich meine Schwester an jenem Sommerabend zusammengekauert im Wald fand.
Aber ich will von vorne beginnen, sonst verwirrt dich mein zusammenhangloses Gerede noch:
 
Es geschah im Juni, dem Monat, nach dem ich benannt worden war.
»June«, hörte ich die Stimme meiner Mutter in meinem Kopf und fühlte ihre Hand auf meinem Haar. Warum behauptete jeder, er hätte keine Erinnerungen an seine Kindheit? Ich war damals elf und dachte nicht einmal darüber nach, dass die Welt ihr böses Gesicht nur hinter einer Maske aus hübschen Feldern, Blüten und Sonnenschein versteckte. Denn genau so war es.
Juni. Das hieß nicht nur, dass mein Lieblingsmonat angebrochen war. Das große, bunte Volksfest war das Wunderland jedes Kindes in der Stadt und die beliebteste Attraktion im ganzen Jahr. Die Menschenmassen strömten auf den großen Platz, froh, dass in ihrem langweiligen Leben endlich etwas passierte. Mitten unter ihnen, ich, mit meiner zappelnden Schwester an der Hand. Sie klammerte sich daran fest, wie an einem Rettungring, was ich bei ihrer Größe sehr gut nachvollziehen konnte. Wie eine gigantische Welle schwappten die Bewohner des Städtchens herbei und drohten, alles unter sich zu begraben, das nicht in der Lage war, sich über Wasser zu halten. Lautes Stimmengewirr und Lachen umgab das Fest, vermischt mit den Klängen der Volksmusik und der Gerüchen von Bratwürsten, Popcorn und Crêpes.
»Lass uns zum Riesenrad gehen! Bitte, June!«, quengelte eine hohe Stimme hinter mir. Ich drehte mich um, lachte meine Schwester an und rief: »Was meinst du, wohin ich gerade unterwegs gewesen bin?« Zufrieden hopste sie hinter mir her, ließ meine Hand jedoch um keinen Preis los.
Wir pflügten uns durch die Menge, bis wir endlich an dem bunten, blinkendem Rad angekommen waren und uns in die Schlange einreihten. Tickets hatten wir noch vom letzten Jahr, weil meine Schwester damals schon verrückt nach dem Volksfest gewesen war und mich solange bearbeitet hatte, bis ich ihr ein kleines Büchlein voll Eintrittskarten für das Riesenrad gekauft hatte.
Wir drehten Runde um Runde und sie beugte sich über das Geländer, jubelte, streckte die Hände in die Höhe, weil sie meinte, sie könne die Wolken berühren und sie verputzen wie Zuckerwatte, und genoss die Tatsache, hoch über die Köpfe der Erwachsenen zu ragen.
Als sie endlich genug hatte, machten wir uns auf den Rückweg. Da ihr Versuch, mit den Fingern durch die Wolken zu streifen, scheiterte, kaufte ich ihr eine große Zuckerwatte, die nach einiger Zeit ihr ganzes Gesicht verklebte. Ich grinste sie an, wuschelte ihr durch die Haare und hatte daraufhin ebenfalls klebrige Hände. Nun war sie es, die am Grinsen war.
»Lass uns noch kurz zur Blumenwiese gehen! Wir können Mum einen Strauß basteln und ihn ihr mitbringen. Sicher wird sie sich freuen!«, sagte sie. »Das ist eine gute Idee, Lizzy«, antwortete ich und gemeinsam stürmten wir davon, ließen den Jahrmarkt hinter uns und wechselten auf einen Feldweg, den niemand außer uns benutzte. Zu zweit rannten wir über die Wiese, tollten herum und machten schließlich einen Wettbewerb daraus, wer die schönsten Blumen fand. Als ich mich umdrehte, um ihr zuzurufen, dass es bald dunkel werden würde und wir nach Hause mussten, entdeckte ich sie nicht. »Lizzy, jetzt ist wirklich nicht die Zeit zum Verstecken spielen«, rief ich. Es tat sich nichts. Ich hörte weder ein unterdrücktes Kichern, noch zitterten an einer Stelle die Grashalme verdächtig. Ich versuchte es nocheinmal, dieses mal lauter: »Lizzy! Das ist nicht lustig. Komm sofort raus! Mum wird sich Sorgen machen, wenn wir nicht rechtzeitig auftauchen!« Zwar war es alles andere als still, denn ich hörte immer noch die Musik des Jahrmarktes, aber dennoch kam ich mir vor, wie am Ende der Welt. Alleine.
Sie konnte sich doch nicht in Luft aufgelöst haben! »Liz«, brüllte ich, einerseits aus Angst, andererseites hoffte ich, dass sie beim Klang ihres wirklichen Namens angelaufen kam.
Nichts. Und jetzt? Hilflos hob ich die Schultern und ließ sie wieder sinken. 
Meine kleine Schwester war verschwunden. Ich hatte nicht gut genug aufgepasst.
Voller Panik rannte ich hin und her, konnte mich nicht entscheiden, wo ich hingehen sollte. Dann drehte ich mich einmal um die eigene Achse und schaute zu dem einzigen Ort, den Liz in so kurzer Zeit hätte aufsuchen können: Den Wald der dunklen Magie.
Es war nur eine Legende, Gesprächsfetzen, die man nebenbei aufschnappte und weitererzählte, jedes mal ein bisschen verändert, um seine Zuhörer zu unterhalten. Und ich schenkte ihr keinen Glauben. Es war einfach viel zu absurd und hätte eher in ein Buch gepasst, als in die Realität.
Als ich den Wald betrat, umgab mich die plötzliche Dunkelheit wie ein Zelt. Ich war kurz davor, wieder umzudrehen, aber der Gedanke an Liz hielt mich zurück. Die Bäume standen dicht, eben so, wie man sich einen Wald, der von dunkler Magie beherrscht wurde, vorstellte. Bis sich meine Augen an die Finsternis gewöhnt hatten, war ich schon einige Meter im Stockdunkeln gelaufen. Ich musste mich anstrengen, etwas zu erkennen und aufpassen, dass mir die tief hängenden Äste nicht ins Gesicht peitschten. Trotzdem spürte ich schon kleine Kratzer auf meinen Armen, Beinen und meinem Gesicht.
Dann erblickte ich etwas, das meine Situation drastisch verändern sollte. Ein Teelicht in einem Glas stand vor mir auf dem Boden. Der Docht brannte. Ich dachte gar nicht darüber nach, wieso hier eine herrenlose Kerze stand und nahm sie einfach mit. Wie ich auf die Idee kam, sie könnte herrenlos sein, wusste ich später nicht mehr.
Meine Beine bewegten sich wie von Geisterhand vorwärts, taten nicht das, was mein Gehirn von ihnen verlangte. Nach einer halben Ewigkeit wurden die Bäume weniger und ich gelangte auf eine Lichtung, die in völlige Finsternis getaucht war, als hätte man sie in einem Eimer mit schwarzer Farbe getaucht und hier aufgestellt. Dennoch gab es zwei Lichtpunkte je am Anfang und am Ende der Wiese. Das Teelicht in meiner Hand war der erste. Und ein Tisch, etwa dreißg Meter entfernt der zweite. Schaudernd ging ich darauf zu. »Wie in der Geschichte«, schoss es mir durch den Kopf, doch ich verbannte den Gedanken in den hintersten Winkel meines Kopfes und schritt weiter auf das Ende der Lichtung zu. Eigentlich konnte man den Lichtpunkt gar nicht als Punkt bezeichnen. Denn als ich näher kam, vergrößerte sich der Schein und ich konnte Einzelheiten erkennen. Es waren Gläser mit Teelichtern, so wie ich eines in der Hand hielt. Tausende säumten den Tisch und den Tisch dahinter und den dahinter.
Mir blieb fast das Herz stehen. Liz hockte, mit dem Rücken zu mir, vor dem ersten Tisch und rührte sich nicht. Sie hatte die Arme zu beiden Seiten ausgestreckt und das Gesicht in den Himmel gereckt, sodass die Schatten der Lichter tanzende Bewegungen auf ihre Wangen zauberten. Meine Schritte wurden langsamer, bis ich stehen blieb. Ich wollte sie nicht stören, was auch immer sie da tat. Doch sie hatte mich anscheinend schon gehört, denn eine Stimme sagte: »June. Tritt näher. Ich möchte dir etwas zeigen.«
War das tatsächlich meine Schwester? Sie hörte sich soviel reifer und erwachsender an. Ich tat, wie mir geheißen und stellte mich hinter sie.
»Was siehst du?«, fragte  sie mich, als wollte sie mich auf die Probe stellen. Ich fragte nicht nach, was das hier sollte, sondern antwortete: »Kerzen. Es müssen tausende sein, wenn nicht noch mehr!«
Liz nickte. »Es sind Lebenslichter, June. Wenn eine Kerze verlischt, stirbt der Mensch, für den sie bestimmt war.« Ich riss erschrocken die Augen auf. »Wie in der Legende«, dachte ich und sie schien meine Gedanken zu lesen und sprach die Worte laut aus: »Wie in der Legende.«
Ich setzte mich neben sie und starrte sie an. Was war nur aus dem kleinen Mädchen geworden, das vor ein paar Stunden noch meine Hand gehalten hatte? Mir kam es vor, als wäre sie von einer Minute auf die andere um zehn Jahre gealtert.
Sie zeigte auf die Kerze in meiner Hand. »Das ist deine Kerze.«
Ich schaute das Glas an. Wie lange würde der Docht noch brennen? Liz hob ein anderes Glas vom Boden auf und hielt es neben meines. Der Unterschied war deutlich zu erkennen: Lizzy's Flamme sah schwach aus, wenn man das von einer Flamme behaupten konnte. Sie flackerte und ein paar mal dachte ich schon, sie wäre ganz erloschen, bis wieder ein kleiner Funken daraus herorschoss. »Du siehst selbst. Ich sterbe. Die Flamme wird schwächer«, flüsterte Lizzy. Erschüttert schaute ich ihr in die Augen. »Was? Das kann doch nicht wahr sein! Du kannst doch jetzt nicht einfach sterben, nur weil eine Kerze ausgeht!«, rief ich. »Deswegen habe ich dich ja hergebracht. Das Geheimnis des Waldes muss bewahrt werden. Die Kerzen müssen behütet werden. Du musst das tun, weil ich nicht mehr kann. Die Aufgabe wird immer wieder übertragen und, glaub mir, es ist eine große Ehre, sich um die Lichter kümmern zu dürfen«, erklärte sie mir vorsichtig. Mir schossen Tränen in die Augen. »Meine kleine Lizzy«, wisperte ich ihr ins Haar, als ich sie an mich zog und in meiner Umarmung einschloss. »Ich liebe dich, weißt du?« Die Tränen strömten mir über das Gesicht, ich konnte sie nicht mehr zurückhalten.
Es dauerte lange, bis ich sie loslassen konnte.
Sie sackte zusammen und ich musste gar nicht auf das Glas, das ihr gerade aus der schlaffen Hand gefallen war, schauen, um zu wissen, was passiert war.
Ihr Licht war erloschen.

Neuzugänge der letzten Wochen

Sonntag, 17. Februar 2013 ♥ 5 Tintentropfen

 
Hey, ihr Lieben! Heute möchte ich euch meine Neuzugänge der letzten Wochen zeigen! Ich war mal wieder fleißig shoppen. Erst gestern hab ich wieder fünfzig Euro um Buchladen gelassen. Ich kann einfach nicht gehen, ohne wenigstens ein oder zwei Bücher mitzunehmen. Naja, seht selbst. Vielleicht kennt ihr ja auch eins. Rage Within ist übrigens der zweite Teil von Dark Inside auf Englisch. Ich muss unbedingt wissen, wie es weitergeht, deshalb habe ich ihn mir gekauft. Asche und Phönix hab ich schon durch, war übrigens echt klasse, die Rezension dazu kommt auch noch, und Spiel des Lebens habe ich angefangen. Da es mir aber nicht so wirklich gefallen mag und ich mich auch irgendwie mit dem Schreibstil nicht so anfreunden kann, werde ich es wahrscheinlich erstmal abbrechen und mit Vollendet anfangen. Auf das bin ich nämlich schon richtig gespannt, weil sich der Klappentext für mich echt spannend und interessant anhört. ♥
Freut mich, dass euch mein Design so gut gefällt.
~ Alles Liebe, Milena.

Ein neuer Anfang mit neuem Design

Dienstag, 12. Februar 2013 ♥ 13 Tintentropfen


Hallo, ihr Lieben.
Mein letzter Post ist lange her. Sehr, sehr lange, ich weiß. Dann klopfe ich doch jetzt mal den Staub von den Seiten dieses Blogs und rufe ihr zurück ins Leben. Tut mir wirklich Leid, dass ich mich so lange nicht gemeldet habe. Ich werde versuchen, mich zu bessern.

Nun aber zum Design. Wie findet ihr es? Diesmal habe ich es komplett selbst gecodet. Es ist mein erstes, seid also bitte nicht zu hart. Der Header wird vielleicht demnächst auch nochmal geändert. Die Navigation findet ihr jetzt über dem Header und Follower werden könnt ihr, im Unterschied zu vorher, nun links an der Sidebar.
Da es mir solchen Spaß gemacht hat, das Design zu erstellen, habe ich mir überlegt, vielleicht eines für euch zu machen. Entweder ich stelle es für jeden zur Verfügung oder ich mache ein Gewinnspiel oder sowas. Muss ich nochmal überdenken. Außerdem werde ich mich demnächst mal daran setzen und alle Titel der Bücher, die in meinem Zimmer stehen aufschreiben. Ich brauche mal einen Überblick darüber, was sich da so alles angesammelt hat.

Letzte Woche war ich Konfirmations-Kleid kaufen und habe zum Glück auch eins gefunde. In Dunkellila.
Von meinem Konfirmations-Geld möchte ich mir eine Kamera kaufen, aber nur falls es reicht. Die Hälfte davon wollte ich nämlich eigentlich sparen.

Naja, genug gelabert. Ich hoffe, dass ich in nächster Zeit mal wieder öfter zum Bloggen komme und entschuldige mich nochmal für die lange Zeit des Nichts-Hörens.
Alles Liebe, eure Milena.                                                                                                        Erstes Bild / Zweites Bild

Smart Magic - Christoph Hardebusch

Freitag, 4. Januar 2013 ♥ 6 Tintentropfen

Hallo ihr Lieben. Heute möchte ich euch ein Buch vorstellen, das ich schon vor ein paar Wochen gelesen habe. Ich hoffe, euch gefällt meine erste Rezension. Vielleicht kennt ihr das Buch ja & möchtet mir eure Meinung dazu schreiben? Auch darüber freue ich mich riesig. Viel Spaß. ♥

Titel: Smart Magic
Verlag: Heyne
Seitenzahl: 510
Genre: Fantasy, Jugendbuch
Altersempfehlung: 12 Jahre
Preis: 16,99 Euro
Meine Wertung: 5
Klappentext: Tom ist fünfzehn und lebt in Berlin. Das Leben in der Großstadt ist hart. Er kennt seine Eltern nicht, sein Pflegevater zwingt ihn zum Diebstahl, und nur sein älterer Leidensgenosse Alex ist so etwas wie ein Freund. Doch dann begegnet ihm eines Tages ein Rabe, der sprechen kann - und Tom begibt sich auf die Suche nach dem Geheimnis seiner Herkunft. Ein Geheimnis, das ihn in eine Welt der Magie entführt... 
Gelesen: Zum ersten Mal
Über den Autor: Christoph Hardebusch wurde 1974 in Lüdenschied geboren. Weitere Bücher von ihm sind zum Beispiel »Die Werwölfe« oder »Die Trolle«.
Linktipps: www.smartmagic.de ~ Facebook-Seite ~ Twitter-Seite ~ Christoph Hardebusch


Der fünfzehnjährige Tom lebt zusammen mit anderen Kindern bei seinem Pflegevater, dem »Alten«. Dieser zwingt seine adoptierten Kinder zu Diebstahl und misshandelt sie, wenn sie nichts oder zu wenig mit nach Hause bringen. Zusammen mit Alex, seinem Freund, macht er sich schließlich auf die Suche nach Hinweisen zu seinen Eltern. 
Unterdessen steht Matani, ein Mädchen, das in einer anderen Welt leben zu scheint, auch eine schwere Zeit durch. Ihr Volk zieht immer weiter von Ort zu Ort und ist auf der Flucht. 
Die Geschichte wechselt in fast jedem Kapitel zwischen Matani, Tom und später auch Alex. 
Als Tom und Alex mit einem geklauten Auto an einem Kloster ankommen, wo Tom hofft, Anhaltspunkte zu finden, werden sie von einem hellen Licht überrascht. Der Junge hat so etwas ähnliches schon erwartet, schließlich sind ihm in den letzten Wochen seltsame Dinge widerfahren. Ein sprechender Rabe und irgendwelche Münzen, die er finden soll.
Das Licht zieht Tom mit sich und, ohne dessen Wissen, auch Alex. Er findet sich mitten in einem Kampf wieder, wo er das erste Mal auf Matani trifft. So kommt Tom mit zu Matanis Stamm und bleibt erstmal dort. Alex hingegen ist bei den Magatai gelandet. Eben diese, vor denen Matanis Volk flüchtet. Sowohl Tom als auch Alex sind sich sicher, alleine durch das Licht gekommen zu sein, bis sie sich gegen Ende dann doch treffen. Tom ist der wahre Weltenwechsler, den die Magatai eigentlich wollen. Da sie aber nur Alex finden, glauben sie, er sei es, obwohl er, im Gegensatz zu Tom, keine magischen Kräfte besitzt. 
Aufgrund einer überraschenden Wendung endet das Buch ganz anders, als man es zuerst ewartet!

Das Cover von Smart Magic gefällt mir richtig gut. Der Einband unterscheidet sich, wenn man mit den Fingern darüberfährt, sehr von anderen Büchern. Ich glaube auch, er ist nicht ganz so empfindlich, da sich dir Oberfläche ein bisschen rau anfühlt. Zum Cover an sich muss ich sagen, dass ich mir die Hauptperson, Tom, genauso vorgestellt habe. Der Hintergrund gibt dem Ganzen etwas Magisches, ebenso wie die besondere Schrift, die für den Titel verwendet wurde. Der Rabe, der auch eine wichtige Rolle spielt, darf auf dem Cover natürlich auch nicht fehlen. Die Schrift im Inneren des Buches kommt mir ein bisschen größer vor, trotzdem wurde eine passende gewählt. Da von drei verschiedenen Hauptcharakteren die Rede ist, befinden sich am Anfang jedes Kapitels kleine Bilder, die zeigen sollen, um wen es jetzt geht. Ein Rabe für Tom, ein Fuchs für Matani und ein Löwe für Alex. Das gefällt mir auch sehr gut.

Mir wurde das Buch von einer Freundin empfohlen, die richtig begeistert davon war. Also habe ich es mir zugelegt. Das Cover spricht mich wirklich sehr an und auch der Klappentext klingt ganz gut. 
Gleich der Anfang, als beschrieben wird, wie Tom und Alex einem Mann Geld stehlen, stellt einen guten Einstieg in die Geschichte dar. Ich fand die Vorgehensweise der beiden Jungen beim Stehlen schonmal super beschrieben. So wird der Leser gleich in das Geschehen hineingezogen. Nach einiger Zeit lässt die Geschichte allerdings ein bisschen nach. Erst nach einem Drittel des Buches, als Tom seine Welt wechselt, wird es wieder ein bisschen interessanter. Mir gefällt die Idee, dass nicht nur Tom, sondern auch Alex durch das Licht getreten ist. Tom hält sich quasi bei den »Guten« auf und Alex bei den »Bösen«.
Während der Ältere verschiedene Kampftechniken lernt, beschäftigt Tom sich mit der Magie, die er besitzt und versucht sie zu erweitern und zu kontrollieren. Und dann kommt irgendwann die Überraschung. Die Wendung, von der ich die ganze Zeit schwärme. Sie bringt nochmal so richtig Schwung in die Geschichte und der Leser möchte unbedingt wissen, wie es weitergeht. Ich konnte es eigentlich kaum glauben. 
Ich habe richtig mit Tom, Matani und Resk, einem Troll, mitgefiebert. Neben dem spannenden und unterhaltsamen Schreibstil mochte ich auch die Ausdrucksweisen und Umschreibungen des Autors. Ich konnte mir die Geschehnisse, die Charaktere und die Orte richtig gut vorstellen.
Was mir allerdings auch aufgefallen ist, ist ein Rechtschreibfehler bei einem Namen. Bis zur Seite 164 hieß einer der Hirten noch »Dago«, ab Seite 165 wird er dann aber »Dagu« geschrieben.
Das Ende ist spannend, mit tollen Kampfszenen und guter Beschreibung. 
Die Geschichte von Tom, dem Weltenwechsler, hat mich, bis auf die paar langweiligeren Stellen am Anfang des Buches, sehr mitgerissen. Wer also gerne Fantasy-Bücher liest, kann sich ja auch dieses mal ansehen. ♥

Im Großen und Ganzen ein sehr tolles Buch mit spannendem und flüssigem Schreibstil. Die Charaktere waren mir alle sehr sympathisch. Eine tolle Idee, die gut umgesetzt wurde mit einer genialen Wendung, die mir im ganzen Buch am besten gefallen hat. Ich vergebe fünf Schmetterlinge und werde vielleicht auch noch das eine oder andere Buch von Christoph Hardebusch lesen. ♥


Drei Neuzugänge im Dezember

Dienstag, 25. Dezember 2012 ♥ 16 Tintentropfen


Hallo, ihr Lieben.
Ich hoffe, ihr hattest schöne Weihnachten. Zuerst wollte ich mich einmal für die Kommentare bedanken, die ich schon bekommen habe. Ich hab mich riesig gefreut! Auch darüber, dass ich schon neun liebe Follower habe. Danke! ♥
Die drei Bücher, die ihr oben seht, habe ich mir im Dezember neu zugelegt. Nein, nicht zu Weihnachten bekommen. Noir und Die Rebellion der Maddie Freeman habe ich mir am Samstag beim Shoppen mit einer Freundin gekauft und Schattengrund irgendwann Anfang Dezember über Amazon bestellt. Gelesen habe ich noch keines davon, weil ich mich einfach nicht entscheiden kann, mit welchem ich anfangen soll.

Am Sonntag habe ich morgens mit Sieben Minuten nach Mitternacht angefangen und es am Abend dann beendet. Ich musste wirklich eine Zeit lang darüber nachdenken und sogar ein bisschen weinen. Ich liebe Bücher, bei denen man lachen oder weinen muss. ♥
Na gut, heute mal ein kurzer Post, aber ich hoffe, es hat euch gefallen.
Ich wünsche euch noch schöne Weihnachtstage.

Bis bald, eure Milena.

Mondscheinkind

Sonntag, 16. Dezember 2012 ♥ 2 Tintentropfen


Hallo. Heute habe ich eine Geschichte für euch. Sie ist frei erfunden, aber die Krankheit, um die es geht, gibt es wirklich. Ich hoffe, der Text gefällt euch. Viel Spaß beim Lesen. Ich würde mich, wie immer, über Kommis freuen! ♥                                                                              Erstes Bild / Zweites Bild

Ich liege schon lange wach im Bett, die Beine an die Brust gedrückt, als meine Mutter endlich kommt und die Vorhänge aufzieht. Sie trägt einen Morgenmantel, der sie ziemlich zerstreut wirken lässt. Ich setze mich auf und sie nimmt mich in den Arm, spendet mir Trost.
»Ich hab dich lieb«, flüstert sie mir mit ihrer weichen, leisen Stimme ins Ohr und ich vergrabe meinen Kopf in ihrer Schulter. Nicht weinen.
Meine Eltern lassen mich erst seit einer Woche unbeaufsichtigt schlafen. Sie meinten, ich wäre noch nicht alt genug, um von meiner Krankheit zu erfahren. Jetzt bin ich acht und weiß, dass es etwas anderes gibt, als nur die Dunkelheit. Doch ich werde dieses Andere nie kennenlernen. Ich werde die Tage verschlafen und erst mein Zimmer verlassen, wenn die Düsternis die letzten Sonnenstrahlen frisst. So hat es mir meine Mutter erklärt. Wenn ich das Licht hereinlasse, bevor sie mich weckt, würde ich nicht mehr da sein. Ich würde zu Staub zerfallen und meinen Eltern das Herz brechen. So weit darf ich es nicht kommen lassen. Die Vorstellung, wie die beiden über meinem toten Körper knien und weinen, ist zu schrecklich für mich. Zusammen mit meiner Mutter tappe ich die Treppe hinunter und umklammere dabei fest ihre Hand. Meine dünnen Beine sind so schwach und zittrig. Sie können mich kaum tragen. Ich ziehe mir die schwarze Jacke an, die sie mir reicht und schaue dabei in ihre müden Augen. »Mam?«, frage ich vorsichtshalber. Sie wirkt so abwesend. Kurz schüttelt sie den Kopf, dann fordert sie mich auf, ihr zu folgen. Wir verlassen unser Haus und machen uns auf den Weg in die Dunkelheit, deren Schatten uns schnell verschlingen.
Einzelne Straßenlaternen leuchten und weisen uns den Weg. Meine Mutter führt mich zu dem Spielplatz, den ich schon so lange nicht mehr besucht habe. So gerne würde ich an den Seilen und Stangen herumklettern, aber das machen meine Arme und Beine nicht mit. Früher, als ich noch jünger war, hat Mam mich manchmal auf ihren Schoß gesetzt und wir sind die riesige Rutsche hinuntergesaust. Aber jetzt passen wir nicht mehr gleichzeitig in die Enge Röhre. Ich bin gewachsen, sehr sogar. Mein Gewicht jedoch hat sich nur minimal geändert. Also renne ich, soweit man meine stockenden Bewegungen so nennen kann, freudig hinüber zu dem Sandkasten. Eine gigantische Sandburg thront auf einem selbst erbautem Hügel und ich reiße staunend die Augen auf. »Mam! Komm doch!«, rufe ich ihr aufgeregt zu und winke, damit sie das außergewöhliche Werk betrachten kann. Sie lächelt mich an, bricht aber gleich darauf in Tränen aus. Erschrocken starre ich sie an. »Was ist denn? Mam? Sag doch was!«, meine ich beunruhigt. Noch nie habe ich sie so aufgelöst erlebt. Sie streichelt mein Haar, zieht mich hinüber zu einer Bank, auf die sie sich setzt und mir bedeutet, das gleiche zu tun. Ich durchforste meine Hosentaschen nach einem Taschentuch und finde zwischen einigen zerkrümelten Keksen sogar eines, das ich ihr reiche. Meine Mutter schnieft.
Als sie mich ansieht, sind ihre Tränen jedoch verschwunden. Ihre Hand umfasst meine und hält sie fest, während sie anfängt, zu erzählen: »Du bist etwas Besonderes, mein Kleiner. Tagsüber, wenn die Sonne scheint und du schlafen musst, da spielen hier draußen Kinder in deinem Alter. Sie haben diese Sandburg dort gebaut. Ich bin mir sicher, sie würden dich mögen, aber sie werden nie von dir erfahren. Wenn auch nur ein Sonnenstrahl deine Haut berührt, wirst du sterben. Deshalb muss ich dich beschützen. Du kannst nichts dafür, niemand kann etwas dafür. Aber dein Vater und ich, wir beten für dich. Jeden Tag. Der liebe Gott kann dir helfen, wenn wir nur fest genug daran glauben. Er kann dich von deiner Krankheit heilen. Aber bitte versprich mir etwas. Du darfst nicht an den Vorhängen vorbeischauen. Nie.«
Ich nicke. Ganz fest. Und tief in meinem Herzen ist mir klar, dass ich dieses Versprechen einhalten kann. Meine Mutter und mein Vater stehen zu mir. Immer. Und das weiß ich zu schätzen. Und wenn wir nur den Glauben und die Hoffnung nicht verlieren, den Menschen, die uns wichtig sind, vertrauen, nicht aufgeben und zusammenhalten, egal was kommt, dann können wir es schaffen.
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